Die erste Trial-Veranstaltung des ADAC Ortsclub Lüneburg am 6.10.1957

von Gerald Franz

Nachdem dem Ortsclub in zähen Diskussionen diese neue Form des Geländesports nahegebracht werden konnte und der Vorstand seine Zustimmung signalisierte, zogen Heinz Meyer und Manfred Westermann eine bereits weitgehend vorbereitete Trialveranstaltung aus dem Ärmel. Förster Kusch hatte nach einer Begehung unter Auflagen bereits sein O.K.gegeben für die Nutzung des Staatsforstes „Steinhöhe“ östlich von Lüneburg für eine Motorsportveranstaltung.
Jetzt konnten auch offiziell die Einladungen an die Aktiven z. B. bei den Trialveranstatungen der MSA Polizei in HH-Rahlstedt verteilt werden.

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Auch die in Lüneburg stationierten Briten wurden eingeladen mitzufahren, um das Niveau von vornherein „international“ zu gestalten.

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Leider schwänzten die Trialfahrer aus Grossbritannien bei dieser Trialveranstaltung noch die Teilnahme, aber bei den Nachfolge-Trials fuhren später doch etliche mit.
Im Vorfeld waren die beiden Trial-Pioniere tagelang durch die Steinhöhe gefahren und hatten nach potentiellen Sektionen gefahndet. Das Gelände bot als Miltär-Übungsplatz zwar Verbindungswege, aber die waren tief ausgefahren und teilweise durch Panzerspuren fast anspruchsvoller als die eigentlichen Sektionen zu befahren.
Aber es gab auch eine reiche Auswahl an Hängen, Sandfelder, Schlammdurchfahrten, Schotterfeldern und Baumbeständen, die das Trial-Herz höher schlagen liessen.So wurden schliesslich 7 Sektionen ausgesucht, Probe gefahren und ein Rundkurs von immerhin 7,5 km Länge festgelegt.

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Start und Ziel lag an der der Strasse, die von Neetze nach Lüneburg führt, kurz vor der heutigen Querung des Elbe-Seitenkanals. Als die Sektionen feststanden, konnte von Heinz Meyer ein detaillierter Sektionsplan ausgearbeitet werden, der den Teilnehmern an die Hand gegeben wurde.

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Die Sektionen wurden mit „Gardinenband“ abgesteckt und die Ein- und Ausfahrten mit „Sponsoren-Trassierband“ gekennzeichnet.
Die Feuerwehr und der „Bilderdienst Meyer“aus Hamburg wurden organisiert und jede Menge Helfer aus dem Club als Punktrichter und Helfer verpflichtet.
Pokale und Gold-Silber-und Bronzeplaketten mussten bestellt werden , eine Haftpflichtversicherung wurde abgeschlossen und die örtliche Presse informierte die interessierte Öffentlichkeit über die „Neuartige Sportveranstaltung“.

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Auch die Anmeldung und die Auschreibungen wurden bereits seit Mitte September 1957 vom Ortsclub-Büro an Interessierte verschickt.

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So fanden sich schließlich am 6.Oktober 1957 um 8.30 Uhr erstaunliche 35 Fahrer an der Steinhöhe ein, um mit Manfred Westermann bei einer Proberunde die Sektionen kennenzulernen und für viele erstmals zu erfahren, was es denn nun mit dieser seltsamen neuen Motorsportart auf sich hatte. Die Teilnehmer waren mitserienmäßigen oder nur leicht geländemäßig umgerüsteten Motorräder angetreten.
Alle mussten einern
Führerschein und eine Zulassung für den Strassenverkehr vorweisen, sowie mit angemessener Schutzkleidung erscheinen. Sogar ein Sturzhelm war vorgeschrieben, eine durchaus ungewöhnliche Vorschrift, in einer Zeit, in der allgemein mit Mütze oder Sturmhaube Motorrad gefahren wurde und der Helm als unsportlich galt.
Der VW-Bulli des „Bilderdienst Hamburg“ diente als Anmeldungsbüro und die Feuerwehr war mit einem Wagen angerückt um eventuelle Unfälle sanft abzufangen.Und die Befürchtungen dass so etwas passieren würde waren unter den Teilnehmern am Anfang auch ziemlich massiv vorhanden. „ Unfahrbar „ und „ wie soll das denn gehen“ war zu hören, als die man sich auf die erste Begehung in das für Strassenfahrer ungewohnteTerrain machte. Aber diese Bedenken wurde von den beiden Fahrtleitern Westermann und Meyer kurzerhand entkräftet, indem sie die Sektion auf den Motorrädern der Skeptiker vorfuhren und ihnen zeigten, dass das geht. Alle Teilnehmer bekamen die Möglichkeit eine Proberunde durch alle Sektionen ohne Wertung fahren zu können und dann wurde es ernst.
Da die drei Hamburger 6-Tage-Ausweis-Fahrer Aukthun, Lohse und Stüdemann in der Klasse bis 175 ccm starteten, hatten alle die Möglichkeit zuzusehen „ wie man sowas macht“. Auch bei den Zuverlässigkeitsfahrten gab es damals schon Trial-Sektionen als Bestandteil der Wertung.
Und dann wurde es ernst. Die 35 Novizen stürzten sich in das erste Lüneburger Trial !

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Steile Abfahrten, Schlammdurchfahrten, Sandfelder und ein Schotterhang brachten die Fahrer und Maschinen an ihre Grenzen und die Punktekonten in dreistellige Bereiche. Anders als heute wurden 1957 die Punkte für alle begangenen Fehler noch zusammengezählt und es gab keine Höchstgrenze, bei der man die Sektion verlassen musste. So konnte man zwar mehrere Füsse setzen und bekam trotzdem maximal 3 aufgeschrieben, aber sowohl das Anhalten ( 10 Punkte), als auch das Überfahren der Begrenzung ( 5 Punkte), als auch das Abwürgen des Motors ( 10 Punkte) war mehrmals möglich .
Die Maschinen waren aber in fast allen Fällen serienmässig ausgestattet mit großem Tank und Sitzbank, teilweise Tankrucksack für die Verpflegung, Strassenreifen, Nummernschild in Kuchenblechgröße und voller Strassenverkehrbeleuchtung. Die gebräuchlichsten Umrüstungen waren breitere Lenker, höhergelegte Scrambler-Auspuffanlage, Geländesportreifen und kürzere Endübersetzung (die musste aber für die An- und Abfahrt zur Veranstaltung jeweils auf Strassenverhältnisse umgebaut werden).
Alle Teilnehmer bissen sich durch die Schwierigkeiten des Geländes und die Spanne zwischen 1 und 295 Punkten in der Endabrechnung zeigt deutlich die Bandbreite der Erfahrungen bei diesem ersten Trial in Lüneburg.

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Offensichtlich waren aber alle zufrieden mit der Art und der Durchführung der Veranstaltung,denn der OC Lüneburg beantragte gleich mit dem erforderlichen Ergebnisbericht an die Sportabteilung des ADAC-Gau Hansa in Hamburg die nächsten 2 Veranstaltungen für das Jahr 1958.

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Das war der Beginn einer langen Reihe von Veranstaltungen des Trialsports in Lüneburg .

Bilder und Film vom Trial 1957.